Die Zukunft der Darmkrebs-Diagnostik mit Biochips aus Lübeck

Darmkrebs ist eine Massenerkrankung. Jährlich werden weltweit über eine Million Neuerkrankungen registriert. Ein Forscherteam von der Lübecker Uni arbeitet daran, in absehbarer Zeit diesen Krebs leichter und früher zu diagnostizieren und damit die Heilungschancen deutlich zu verbessern.

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Prof. Habermann bereitet mit seiner Mitarbeiterin Katja Klempt-Gießing einen Biochip für das maschinelle Auslesen vor.

Jens Habermann leitet die Sektion für Translationale Chirurgische Onkologie und Biomaterialbanken an der Klinik für Chirurgie. Der 43-Jährige hat es sich zur Aufgabe gemacht, Diagnosemethoden zu entwickeln, mit denen im Blut von Patienten schon sehr kleine Mengen bestimmter Eiweiße gemessen und als Hinweisgeber für bestimmte Tumoren („Biomarker“) ausgewertet werden können. „Wir haben in jahrelanger Forschungsarbeit jetzt die ersten geeigneten Marker-Eiweiße für das häufige Darmkrebs-Karzinom gefunden“, erklärt der Professor, der vor 20 Jahren in Lübeck studiert hat und 2006 als international erfahrener Forscher hierher zurückkehrte. „Die gegenwärtig noch laufenden Testreihen an über 1000 Blutproben zeigen schon gute Ergebnisse, was Spezifizität, also Treffgenauigkeit, und Sensitivität, also Empfindlichkeit, der Marker angeht.“

Aber zum marktfähigen Produkt eines Biochips für den verbreiteten Laboreinsatz sei es noch ein weiter Weg, meint Habermann. „Wir brauchen sicher noch zehn Jahre für umfassende Studien und Tests, aber dann haben wir ein Biochip-Serienprodukt, das genauer misst als der heute verbreitete Blut-im-Stuhl-Test und wegen des kostenmäßig tragbaren Laboreinsatzes für Reihenuntersuchungen geeignet ist.“ Denn das ist die Vision des Forschers wenigstens für Deutschland: ein über die Krankenkassen finanziertes Darmkrebs-Screening mit der Eiweiß-Methode. Die für den Betroffenen relativ aufwendige Darmspiegelung bliebe dann nur noch für Fälle nötig, bei denen ein schon konkreter Verdacht bildgebend bestätigt oder widerlegt werden müsste – oder bereits detektierte gutartige Tumoren entfernt werden sollen. „Auch für die spezifische Detektion von solchen so genannten Polypen haben wir bereits spezielle Eiweiß-Marker gefunden“, so Habermann.

Ein aktuell wichtiges Projekt auf dem Weg zur Anwendung dieser Forschungsergebnisse in der Labor- und Patienten-Praxis ist eine von der Europäischen Union geförderte Kooperation des Lübecker Teams mit dem irischen Diagnostika-Hersteller Randox. Dabei geht es vor allem darum, weitere Marker-Eiweiße zu finden und dann auf einem Biochip zum Auslesen im Labor so unterzubringen, dass möglichst verschiedene Tumor-Varianten in einem Testdurchgang identifiziert werden können. „Prinzipiell haben wir bewiesen, dass unsere Methode mit den bereits patentierten Antikörpern funktioniert. Jetzt wollen wir uns gemeinsam auf den möglichen Routine-Einsatz im Labor zubewegen“, erläutert der Krebsforscher. Dazu soll der zu entwickelnde Biochip möglichst auch noch weitere Krebsarten detektieren können. Nach Habermann sind die Aussichten gerade auch für das bisher praktisch nicht rechtzeitig erkennbare Bauchspeicheldrüsen-Karzinom nicht schlecht. Auch hier sei ein Antikörper-Patent in Vorbereitung. „Am Ende stelle ich mir für die Patienten vor, dass diese Biochip-Laboruntersuchung im Rahmen eines Check-ups beim Hausarzt einfach mitgemacht wird und man das Ergebnis in wenigen Stunden hat“, blickt der Forscher in die Zukunft.

(rwe)

Info: http://www.chirurgischeforschung-luebeck.de/Forschung/forschung.html