Der Laborraum im MFC III ist so überschaubar wie die Sechs-Mann-Forschergruppe. Umso größer ist, was hier geschieht: Zurzeit hält die Gruppe den Geschwindigkeitsweltrekord im Bereich der Bildgebung für die Netzhaut des menschlichen Auges.
Uni-Doktorand Hendrik Spahr (29), Thorlabs-Software-Entwickler Dierck Hillmann (31), Laserzentrum-Projektleiter Gereon Hüttmann (52) hinter dem aktuellen Labor-Aufbau auf Weltrekordniveau
„Mit der neuen Kamera- und Software-Technologie können wir im Laboraufbau 100000 Bilder pro Sekunde von der Netzhaut des Probanden machen“, erklärt Gereon Hüttmann den nur auf den ersten Blick unscheinbaren Versuchsaufbau. „Damit wird es möglich, das Pulsieren der Gefäße sozusagen in Echtzeit abzubilden, während wir bisher immer nur Vorher-Nachher-Zustände zeigen konnten.“ Das sei insbesondere für die zukünftige Diagnose der Volkskrankheit „Altersabhängige Makuladegeneration“ (AMD) ein großer Fortschritt.
Doch noch ist es nicht so weit. Die Forschergruppe im Multifunktionscenter III arbeitet jetzt im Rahmen eines bundesweiten Förderprojektes an den technologischen Grundlagen. „Wir haben nach einem Projektjahr gezeigt, dass die mit holografischer Technologie aufgewertete OCT-Technik funktioniert, nämlich schneller genauere Bildergebnisse produziert als zuvor“, freut sich Dierck Hillmann (31), auf dessen Dissertation der neue Ansatz fußt. „OCT“ steht für „optische Kohärenztomografie“ und lässt sich beschreiben als Ultraschall mit Licht, also eine berührungslose Untersuchungsmethode, die insbesondere im Augenbereich eingesetzt wird. Mit der „holografischen“ Technik nutzt man zusätzlich zur reinen OCT-Bildgebung das zurückgestreute Licht, um mit entsprechend ausgelegter Software zu weit besseren Messergebnissen zu kommen. „Tendenziell übernehmen die neuen Algorithmen viele Aufgaben der aufwändigen Optiken, die bisher so einen OCT-Versuchsaufbau prägten und die wir nicht mehr unbedingt brauchen“, berichtet Projektleiter Hüttmann.
Die Arbeitsgruppe im MFC versammelt einige Mitarbeiter des Medizinischen Laserzentrums bzw. des Instituts für biomedizinische Optik der Universität und des Industriepartners Thorlabs, einer der weltweit führenden Optikfirmen. Im Förderprojekt „i-Cube“ des Bundesforschungsministeriums sind die Lübecker Retina-Bildgebungsspezialisten für die technologischen Grundlagen zuständig. Das Projektkürzel steht für „Innovative Imaging and Intervention in early AMD“. Ziel ist es, die grundsätzliche Entwicklung der AMD besser zu verstehen und deren Erkennung zu ermöglichen, bevor irreversible Schädigungen im Auge entstehen. Die entsprechende Diagnose soll dazu so frühzeitig und genau wie möglich gestellt werden.
Das Thema Bildgebung insgesamt und OCT im Besonderen ist in der Lübecker Campus-Szene in den letzten Jahren zu einem Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt geworden. Mehrere Institute und Firmen arbeiten in diesem Bereich auf Weltniveau. Hüttmann berichtet dazu schmunzelnd, dass auch die Nummer zwei der aktuellen Weltrangliste in Sachen OCT-Geschwindigkeit aus Lübeck komme und nur ein paar Häuser entfernt arbeite. Wenn im nächsten Jahr das Multifunktionsgebäude mit der Nummer VII fertig wird, werden wohl viele dieser Expertengruppen hier einziehen und ein „Optik-Haus“ bilden. „Es ist gut, nahe beieinander zu arbeiten und sich ständig auszutauschen“, sagt Gereon Hüttmann, der auch seine Arbeitsgruppe hier weiter wachsen sieht.