Technologie-Blog Lübeck, Folge 2: Kennen Sie snapseed?

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Hätten Sie’s gewusst? Googles Erfolgs-App „snapseed“ kommt aus Lübeck.

Kennen Sie „snapseed“? Wahrscheinlich, jedenfalls wenn Sie ein Smartphone haben und gern Ihre Handy- Schnappschüsse bearbeiten und im Social Web teilen. Auf Apple-Geräten ist die Bildbearbeitungs-App inzwischen millionenfach vertreten. Seit das entwickelnde Unternehmen von Google übernommen wurde, gibt es die App auch für das Android-Betriebssystem. Entwickelt wurde die Foto-Wunderwaffe für Amateure in Lübeck.

Die App und die komplexe Technologie dahinter stammen von Nik-Software. Das Unternehmen ist vor allem Profifotografen bekannt als Erfinder von Profi-Bildbearbeitungstools. Nik entwickelt seine Produkte auf dem Lübecker Wissenschaftscampus im TZL-Campus-Gebäude MFC 2. In der Gründungsphase Ende der 1990er Jahre fand sich ein internationales Team um Nils Kokemohr aus Hamburg zusammen. Mit Büros in San Diego, Lübeck und Hamburg trat Nik an, die digitale Revolution in der Fotografie mit intuitiver High-End-Bildbearbeitung mitzugestalten. Die Führung der Entwicklung übernahm der ehemalige Lübecker Informatikstudent Manuel Wille, der den Entwicklungsstandort des Unternehmens in Lübeck aufbaute.

Mit dem Investor Nikon konnte Nik 2006 sein Wachstum beschleunigen und seine Reichweite vergrößern.  Seit September 2012 leuchtet hier nun das blaue Google-Logo vor dem MFC – und drinnen hat die bunte Google-Kultur Einzug gehalten: grüne Türen, vielfarbige Kantinenmöbel, Tischtennisplatte und was sonst noch so zum lässigen Kreativ-Image gehört. Dabei bleibt aber das Lokalkolorit erhalten: Ein Konferenzraum heißt „Sieben Türme“, ein anderer Raum „Buddenbrooks“. Auf diese „Glokalität“ legt Google offenbar Wert. Der Standort Lübeck ist neben Hamburg und München der dritte Standort des kalifornischen Konzerns in Deutschland. Schon jetzt werden ständig weitere Entwickler gesucht, die Softwareentwicklung und Fotografie als Lebensstil und nicht nur als Job verstehen.

Für den Betrachter der MFC-Google-Location bleibt allerdings im Dunkeln, wie viele Millionen Dollar der Software-Riese aus Kalifornien für die rund 70 Lübecker Entwickler auf den Tisch gelegt hat – und welches technologische Geheimnis sich hinter den so erfolgreichen Algorithmen von „snapseed“ verbirgt. Nur so viel wird klar: Diese Algorithmen werden immer „intelligenter“ (ohne den Nutzer zu bevormunden), weil die Entwickler ein sehr tiefes fotografisch-technisches Know-how mitbringen. Mit der App wächst die Kreativität auch und gerade von Amateuren, auch weil eine sehr intuitiv und einfach zu bedienende Bildbearbeitung zur Verfügung steht – mit einer Benutzeroberfläche quasi direkt im zu bearbeitenden Bild, ohne umständliche Menüs, aber mit sehr vielen Möglichkeiten. Man könnte meinen, mit so einem Multi-Tool verfolge Google jetzt das Ziel, aus Knipsern richtige Fotografen zu machen.

(rwe)

Ein Gedanke zu „Technologie-Blog Lübeck, Folge 2: Kennen Sie snapseed?

  1. R M

    … der Technologie-Blog Lübeck, Folge 2: Kennen Sie “snapseed”? hat natürlich ein längere Hintergrundgeschichte, die so oder so ähnlich verlaufen ist:

    Nik wurde seinerzeit am Übergang von der Analog- zur Digitalfotografie gegründet – man erinnere sich an die immer wiederholte Diskussion bei neuen Technologien, ob diese sich wohl wirklich durchsetzen wird. Die Gründer hatten sich damals “visionärerweise” überlegt, dass digitale Fotos dann ja auch digital bearbeitet werden können – und wer da die richtige Software anbietet kann doch ein gutes und nachhaltiges Geschäft machen. Also Uni-Diplom mal hinten angestellt (und nie wieder aufgegriffen) und in die Produktentwicklung eingestiegen. Dies konsequenterweise im Diskurs mit Profi-Fotografen, also den zukünftigen Kunden, um deren Bedarfe richtig zu verstehen. Dabei dann auch den Markt abgeschätzt, der in den angloamerikanischen Ländern und speziell USA deutlich größer als in Old-Europe war. Dort sind nämlich Fotografen deutlich besser und teurer beschäftigt als hier; kein Event ohne Profifotos und einem von vorneherein eingeplanten Budget, das schnell mal 10.000 Dollar bei einer durchschnittlichen Hochzeit einnehmen kann. Und siehe da, das Geschäftsmodell hat funktioniert. Profi-Bildbearbeitung von Nik schlägt einfache Photoshop-Software und setzt sich durch. Bald wird eine Kooperation mit dem Profi-Kamerahersteller Nikon geschlossen, die die Kriegskasse für weitere Produkt- und Marktentwicklungen kräftig auffüllt. Und am Ende lag es dann fast schon auf dem Weg, eine App für mobile Anwendungen zu schaffen, die ob des Nik-Profi-Backgroundes von Google in Konkurrenz zu Apple-Instagram einfach nicht übersehen werden konnte. Ein paar Verhandlungsrunden später wurde dann Nik in die Google-Family aufgenommen und wird dort die Domäne der Foto-/Bildbearbeitung sicher nachhaltig voranbringen. …

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