Archiv für den Monat: August 2013

Technologie-Blog Lübeck, Folge 2: Kennen Sie snapseed?

snapseed-klein-300x224

Hätten Sie’s gewusst? Googles Erfolgs-App „snapseed“ kommt aus Lübeck.

Kennen Sie „snapseed“? Wahrscheinlich, jedenfalls wenn Sie ein Smartphone haben und gern Ihre Handy- Schnappschüsse bearbeiten und im Social Web teilen. Auf Apple-Geräten ist die Bildbearbeitungs-App inzwischen millionenfach vertreten. Seit das entwickelnde Unternehmen von Google übernommen wurde, gibt es die App auch für das Android-Betriebssystem. Entwickelt wurde die Foto-Wunderwaffe für Amateure in Lübeck.

Die App und die komplexe Technologie dahinter stammen von Nik-Software. Das Unternehmen ist vor allem Profifotografen bekannt als Erfinder von Profi-Bildbearbeitungstools. Nik entwickelt seine Produkte auf dem Lübecker Wissenschaftscampus im TZL-Campus-Gebäude MFC 2. In der Gründungsphase Ende der 1990er Jahre fand sich ein internationales Team um Nils Kokemohr aus Hamburg zusammen. Mit Büros in San Diego, Lübeck und Hamburg trat Nik an, die digitale Revolution in der Fotografie mit intuitiver High-End-Bildbearbeitung mitzugestalten. Die Führung der Entwicklung übernahm der ehemalige Lübecker Informatikstudent Manuel Wille, der den Entwicklungsstandort des Unternehmens in Lübeck aufbaute.

Mit dem Investor Nikon konnte Nik 2006 sein Wachstum beschleunigen und seine Reichweite vergrößern.  Seit September 2012 leuchtet hier nun das blaue Google-Logo vor dem MFC – und drinnen hat die bunte Google-Kultur Einzug gehalten: grüne Türen, vielfarbige Kantinenmöbel, Tischtennisplatte und was sonst noch so zum lässigen Kreativ-Image gehört. Dabei bleibt aber das Lokalkolorit erhalten: Ein Konferenzraum heißt „Sieben Türme“, ein anderer Raum „Buddenbrooks“. Auf diese „Glokalität“ legt Google offenbar Wert. Der Standort Lübeck ist neben Hamburg und München der dritte Standort des kalifornischen Konzerns in Deutschland. Schon jetzt werden ständig weitere Entwickler gesucht, die Softwareentwicklung und Fotografie als Lebensstil und nicht nur als Job verstehen.

Für den Betrachter der MFC-Google-Location bleibt allerdings im Dunkeln, wie viele Millionen Dollar der Software-Riese aus Kalifornien für die rund 70 Lübecker Entwickler auf den Tisch gelegt hat – und welches technologische Geheimnis sich hinter den so erfolgreichen Algorithmen von „snapseed“ verbirgt. Nur so viel wird klar: Diese Algorithmen werden immer „intelligenter“ (ohne den Nutzer zu bevormunden), weil die Entwickler ein sehr tiefes fotografisch-technisches Know-how mitbringen. Mit der App wächst die Kreativität auch und gerade von Amateuren, auch weil eine sehr intuitiv und einfach zu bedienende Bildbearbeitung zur Verfügung steht – mit einer Benutzeroberfläche quasi direkt im zu bearbeitenden Bild, ohne umständliche Menüs, aber mit sehr vielen Möglichkeiten. Man könnte meinen, mit so einem Multi-Tool verfolge Google jetzt das Ziel, aus Knipsern richtige Fotografen zu machen.

(rwe)

Technologie-Blog Lübeck, Folge 1: Lasst Geräte sprechen!

OR-Net2IMG_8304_klein

Lasst Geräte miteinander sprechen! So werden Operationen sicherer.

Es klingt ein wenig nach Star Trek, wenn die Informatiker der Lübecker Uni vom Operationssaal der Zukunft sprechen. Und ist doch schon  Realität.

Wer einmal einen Chirurgen bei der Arbeit gesehen hat, weiß, wie unübersichtlich es im modernen Operationssaal aussieht. Da gibt es blinkende Gerätetürme für allerlei Funktionen, von der anästhetischen Überwachung bis zur Video-Navigation. Der Operateur und sein Team müssen viele einzelne Informationen wahrnehmen und verarbeiten, um die für den Patienten bestmögliche Operationsentscheidung zu treffen. Und dann fehlt manchmal im entscheidenden Moment doch das richtige CT-Bild, weil das Video-System es nicht aus der Patientenakte einspielen kann: Die wird nämlich in einer anderen Software gepflegt.

So etwas kann und wird in Zukunft seltener passieren, denn der medizintechnische Gerätepark lernt so langsam eine gemeinsame Sprache. Wenn die Geräte dann miteinander kommunizieren können, ist es für den Operateur oder einen Techniker am zentralen Steuerpult im OP ein Leichtes, die gewünschten Daten, Fakten und Bilder auf Knopfdruck zur Verfügung zu stellen – oder womöglich auch per Sprachsteuerung wie auf dem Handy oder wie seinerzeit im Science-Fiction-Film in der medizinischen Abteilung des Raumschiffs Enterprise mit Chefarzt „Pille“ McCoy.

Auf dem Lübecker Wissenschaftscampus arbeiten Informatiker der Uni-Institute für Telematik, Software-Technik und Medizininformatik daran, den Geräten die gemeinsame Sprache beizubringen – und dabei die hohen Zuverlässigkeits- und Sicherheitsanforderungen im hoch sensiblen medizinischen Bereich zu erreichen. (Hier könnte ein „Missverständnis“ zwischen den Geräten ja Menschenleben kosten.) Im mit Unterstützung der UniTransferKlinik und des Technikzentrums Lübeck gewonnenen Bundes-Förderprojekt „OR-Net“ (Vernetzung im Operationssaal) entwickeln sie die basale Infrastruktur-Software des Projekts. Das Zauberwort dabei heißt „Web-Services“: Auf der unkomplizierten Basis von IP-Adressen, html und xml können Geräte auf einfache Weise Daten austauschen, wie das heute jeder vom Internet oder Büronetzwerken her kennt. Auch die Datensicherheit ist mit techisch bereits vorhandenen Mitteln (Verschlüsselung, Zertifikate) zu garantieren.

Einige Prototypen gibt es inzwischen bereits, darunter eine Anwendung auf einem Beatmungsgerät eines Lübecker Herstellers. Wenn das OR-Net-Projekt 2015 endet, soll es im Prinzip erstmals einen Industriestandard für die softwareseitige Vernetzung im OP geben. Das wäre schön: gut für den Operateur, der es leichter hat, gut für den Patienten, für den die Operation (noch) sicherer wird – und gut für die Hersteller, die sich auf diese Software-Standardisierung bei der Entwicklung von Geräten und Anwendungen verlassen können.

(rwe)