Archiv für den Monat: Mai 2016

Roboter entwickeln für Rehabilitation und Service in der Klinik

Mobile Roboter könnten in Zukunft Patienten und Klinikpersonal unterstützen und entlasten. Das Lübecker Uni-Institut für Technische Informatik (ITI) forscht in diesem Bereich und entwickelt gemeinsam mit Unternehmenspartnern Robotik-Anwendungen für den Einsatz in der Rehabilitation und in den Servicebereichen der Klinik. Das ITI beteiligt sich mit diesem Thema an der „Industrie-in-Klinik-Plattform Lübeck“.

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Einen schon recht ausgefeilten Hand-Trainingsroboter für Schlaganfallpatienten kann Professor Erik Maehle bereits zeigen (s. Bild). Der promovierte Informatik-Ingenieur hat das ITI in den 90er Jahren aufgebaut und leitet es bis heute. „Wir haben uns die klinischen Anforderungen bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten genau angesehen und dann den Prototypen eines haptischen Handschuhs entworfen, der ein sinnvolles Greiftraining ermöglicht“, erklärt Maehle den Arbeitsansatz in diesem Projekt. Die technische Basis bilden hier ein parametrisierbares Exoskelett der Hand und ein umfassendes System von Sensoren und Aktoren, sodass die Greifbewegung des Trainierenden genau erfasst und durch erzeugte Widerstandskräfte gezielt angeregt werden kann.

Auch für die Rotationsbewegung der Hand steht am Institut bereits ein prototypisches Trainingssystem zur Verfügung. Hier arbeitet der Patient gegen einen einstellbaren Motor an. „Bei diesen und anderen Systemen verfolgen wir stets das Ziel, möglichst effiziente und kostengünstige Geräte zu bauen, die im Falle der Rehabilitationsroboter möglichst auch beim Patienten zu Hause einsetzbar sein sollen“, so der ITI-Chef. Er sieht sein Institut als forschenden Entwicklungspartner für die Hersteller: „Neben der Entwicklung und dem Bau solcher Demonstratoren oder Prototypen unterstützen wir die Medizintechnik-Unternehmen auch mit umfassenden Machbarkeitsstudien und begleitender Evaluierung.“ Dabei kooperiere das ITI praxisnah mit den Kliniken des UKSH.

In den Kliniken sieht Maehle zukünftig gerade im Bereich der Service-Roboter weitere Anwendungsgebiete. Abgeleitet aus einem laufenden ITI-Projekt in der Logistik-Industrie denken die ITI-Experten über selbststeuernde Transportroboter nach, die zum Beispiel Essen selbstständig ausliefern könnten. „Solche autonomen Auftragssysteme erhalten ihre Aufträge etwa durch Sprach- oder Gestenanweisungen von Mitarbeitern, erledigen ihre Aufgaben dann aber selbsttätig auch und gerade in offenen Umgebungen wie Krankenhaus-Räumen“, erläutert Maehle das Konzept, das er mit „out of the box“ beschreibt. Will sagen: Solche Roboter sind so vorkonfiguriert, dass man sie „aus dem Karton“ holen und sofort „losfahren“ lassen kann. Dank ihrer Orientierungs-, Selbststeuerungs- und Selbstlern-Funktionalitäten passen sie sich neuen Aufgaben und Umgebungen erfolgreich an. Maehle weiter: „Solche Systeme können auch über den Transport- oder Service-Bereich hinaus eingesetzt werden, zum Beispiel als Pflege- und Assistenz-Systeme. Auch an solchen Zukunftsanwendungen arbeiten wir mit unseren klinischen und industriellen Partnern.“

(rwe)

Lübecker Gefäßchirurgen als Entwicklungspartner für Medizintechnik-Hersteller

Der Bereich Gefäßchirurgie der Lübecker Uni-Klinik für Allgemeine Chirurgie engagiert sich zusammen mit vielen anderen Kliniken des UKSH im Projekt „Industrie-in-Klinik-Plattform Lübeck“. Bereichsleiter Dr. Markus Kleemann sieht große Potenziale für eine enge Zusammenarbeit mit den Herstellern von medizintechnischen Geräten insbesondere in den aktuellen Lübecker Forschungs- und Entwicklungsgebieten hybride Operationsverfahren, Navigation, 3D-Prototyping, Durchblutungsmessung und Ultraschalldiagnostik.

Kleemanna

Die Lübecker Gefäßchirurgen arbeiten schwerpunktmäßig an Diagnose und Therapie von Aortenaneurysmen (Aussackungen der Hauptschlagader), Carotisstenosen (Verengungen der Halsschlagader) und der Arteriellen Verschlusskrankheit (Gefäßverengungen in den Beinen, sogenannte „Schaufensterkrankheit“). „In allen Bereichen haben wir langjährige Erfahrung auch in hybriden Operationsverfahren, bei denen im Rahmen einer Operation sowohl mit konventionellen als auch mit minimalinvasiven Techniken gearbeitet wird, worauf unsere Operateure und unsere Operationssäle vorbereitet sind“, erklärt Kleemann.

Ein besonderes Interesse haben die Lübecker Gefäßexperten in den letzten Jahren für den Bereich der navigationsgeführten Untersuchungen und Eingriffe entwickelt. „Wir arbeiten unter anderem an einem neuen Verfahren zur minimalinvasiven Therapie des Aortenaneurysmas, bei dem wir die nötige Stent-Prothese mithilfe einer innovativen 3D-Glasfasernavigationstechnologie platzieren“, erläutert der 44-jährige Oberarzt. Der Prototyp eines solchen anspruchsvollen Echtzeit-Bildverarbeitungs- und Instrumentensystems werde gerade getestet.

Dabei kommt auch die dritte Kernkompetenz der Lübecker Gefäßspezialisten zum Einsatz, das 3D-Rapid-Prototyping. In Zusammenarbeit mit Partner-Einrichtungen auf dem Lübecker Campus werden patientenindividuelle Modelle – im Beispiel: der Aorta – im 3D-Drucker hergestellt, die eine exakte und effiziente Planung des späteren Eingriffs ermöglichen. „Die komplexe, zeitaufwendige Daten-Aufnahme und Bildsegmentierung, die für die geführte Navigation notwendig ist, findet also schon vor der Operation statt“, so Kleemann. Das gesamte Verfahren sei darauf ausgelegt, dass für den Patienten die Kontrastmittelgabe und die Strahlenbelastung gegenüber der klassischen zweidimensionalen Angiografie mit Durchleuchtung erheblich reduziert werde.

Auf dem Gebiet der Durchblutungsmessung konnte in Lübeck bereits ein neues optisches Messgerät erfolgreich im Darmbereich getestet werden, das mit der fluoreszierenden Wirkung des Kontrastmittels Indigocyaningrün arbeitet. Hier kann Kleemann sich perspektivisch einfach anzuwendende Messgeräte auch für den Patienten zuhause vorstellen.

Große Entwicklungs- und Zukunftschancen sieht der Gefäßchirurg auch im Bereich der Ultraschall-Technologie. „Wenn es uns gelingt, Gefäßverengungen von außen durch hochfokussierten Ultraschall zu beheben, hätten wir ohne Operation eine große Entlastung für den Patienten erreicht. Solche Verfahren und Geräte werden kommen“, prophezeit Kleemann. Außerdem erwartet er Fortschritte hin zu einer automatisierten Ultraschall-Diagnostik von der Zusammenarbeit mit den Robotik-Experten der Lübecker Universität: „Warum sollen wir nicht in absehbarer Zeit einfache, standardisierte Ultraschall-Untersuchungen von darauf spezialisierten, extrem genau und zuverlässig arbeitenden Robotern machen lassen?“

(rwe)