Die Geld-Schürfer

Im Technikzentrum Seelandstraße entsteht zurzeit ein Entwicklungs- und Test-Center für spezielle Computer mit der Lizenz zum Geld-Schöpfen. Die „Miner“ (Schürfer) genannten Maschinen finden in einem speziellen weltweiten Rechner-Netzwerk „Bitcoins“; so heißen die Einheiten einer virtuellen, dezentralen, rein digitalen Währung.

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Mathias Roch mit einem seiner „Miner“, die weltweit Bitcoins „schürfen“

Für den Lübecker Mathias Roch, der das neue Kompetenzcenter für seine Firma „Bit-Trust“ aufbaut, geht mit den Bitcoins so etwas wie ein Kindheitstraum in Erfüllung: „Für meine Playmobil-Welt habe ich mir immer ein eigenes Tauschmittel vorgestellt“, erzählt der heute 47-Jährige lachend, der seit einigen Monaten mit ausgewählten Partnern und einem internationalen Team das Thema in Deutschland vorantreibt.

Bitcoins gibt es seit 2009, als am Massachusetts Institute of Technology in Boston der offene Software-Code entstand zur Realisierung einer eigenen Web-Währung für direkte Transaktionen von Mensch zu Mensch, also ohne die den Geldverkehr weltweit abwickelnden Banken. Die „Geld“-Menge ist dabei von vornherein beschränkt auf 21 Millionen Stück Bitcoins. Diese müssen, um in Umlauf zu kommen und als Zahlungsmittel eingesetzt werden zu können, zunächst „geschürft“ werden. „Das Mining übernehmen spezielle Hochleistungsrechner, die Rechenaufgaben im Code der Erfinder lösen, die man sich als aufwendige Suchrätsel vorstellen kann“, erklärt Mathias Roch. Dazu bedarf es spezialisierter Prozessoren, die ihre energieintensive Rechenpower im weltweiten Bitcoin-Netzwerk zur Verfügung stellen und dort Anteil für Anteil schürfen. Gegenwärtig sollen bereits rund 50 Prozent der Bitcoins gefunden sein. Nach Aussage Rochs ermöglichen es bereits der bekannte US-amerikanische Zahlungsdienstleister PayPal und weitere IT-Weltfirmen, in begrenztem Rahmen reale Waren mit Bitcoins zu bezahlen.

Roch ist von der Idee persönlich so begeistert, dass er eigene Real-Euros im sechsstelligen Bereich in die Hand nimmt, um das Thema zum ökonomisch tragfähigen Geschäft zu entwickeln. Er zählt die Gründe für sein Engagement auf: die freie Zugänglichkeit für jeden in einem weltweiten Vertrauens-Netzwerk, die völlige Transaktionsfreiheit ohne Zwischenhandel und ohne übergeordnete Steuerung, die Unmöglichkeit von Inflation oder Deflation dank einer festen Währungsmengengrenze, schließlich ein technisch offenes, aber verschlüsselungstechnisch sicheres System. „Und natürlich verspreche ich mir von unserem frühzeitigen Investment auch eine Wertsteigerung später“, sagt der erfahrene Kaufmann, der von Haus aus eigentlich Chemielaborant ist. „Zurzeit wird ein Bitcoin auf bestimmten Handelsplattformen mit 250 bis 300 Euro bewertet; der Kurs wird unter starken Schwankungen mittelfristig steigen.“

Aber zunächst treibt Rochs Unternehmen das Geschäft der Miner-Produktion und des Miner-Betriebs voran. Die Rechner werden an interessierte Unternehmen und auch an Privatleute verkauft, die das Bitcoin-System mit anschieben wollen. Während dafür in Lübeck entwickelt und getestet wird, soll in Island ein eigener Miner-Park entstehen. Mehrere Tausend Rechner können dort bald Bitcoins schürfen. „In Island ist die notwendige Kühlung klimabedingt leichter zu gewährleisten als hier bei uns – und der Strom zum Betrieb der Großanlagen ist auch deutlich günstiger. Die Ingenieurskompetenz behalten wir aber hier in Lübeck“, so Roch.

Info: www.bit-trust.de

(rwe)