Archiv für den Monat: Juni 2014

Eine Sache des Vertrauens

Die beiden Herren am Mikroskop sind echte Spezialisten. Bundesweit gibt es kaum 15 freie Labore, in denen ausschließlich Gewebeproben der Haut auf krankhafte Veränderungen untersucht werden. Eines davon arbeitet an sechs Tagen in der Woche auf dem Lübecker Hochschulcampus daran, Hautärzten aus der ganzen Republik möglichst eindeutige Laborergebnisse zu den eingesandten Proben ihrer Patienten zu liefern.

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Jeden Tag landen an die 200 Fälle in den Eingangskörben des Dermatohistologischen Einsendelabors Lübeck von Christian Rose (rechts im Bild) und Stefan Bartsch im dritten Multifunktionscenter-Gebäude. Beide sind Hautärzte mit Schwerpunkt Histologie, Rose zudem Pathologe. Sie kennen sich aus der ein paar Jahre zurückliegenden gemeinsamen Arbeit an der Lübecker Uniklinik. Seit 2010 betreiben sie in Praxisgemeinschaft das Labor, das in wenigen Jahren zu einer wichtigen Größe für niedergelassene und in Kliniken tätige Hautärzte geworden ist.

„In unserem Fachgebiet geht es um etwas Langfristiges, nämlich um Erfahrung und um Vertrauen“, erklärt der 50-jährige Rose den Erfolg der beiden Gründer. Und der 1971 geborene Bartsch ergänzt: „Zuallererst kommt es darauf an, dass man über viele Jahre umfassende Lernerfahrungen in der klinischen Labordiagnostik sammelt, am besten angeleitet von einem erfahrenen ärztlichen Vorbild. Denn nur so erarbeitet man sich den klaren Blick für eine schnelle und sichere Befundung.“ Und wieso Vertrauen? Das, so meinen die beiden Gewebeexperten, gewinne und erhalte man von den ärztlichen Kollegen, wenn man fast fehlerfrei arbeite und zudem immer für Nachfragen und Befunddiskussionen erreichbar sei. „Es geht immer um Menschen, letztlich um Verantwortung für die Patienten. Da muss man schon etwas Einsatz bringen, wir sind ja schließlich Dienstleister“, betont Rose.

Solchen persönlichen Einsatz bringen in diesem Speziallabor nicht nur die beiden Chefs. Über 20 Voll- und Teilzeitkräfte sorgen dafür, dass die Labormaschine technisch und logistisch rund läuft, darunter allein 13 Medizinisch-Technische Assistentinnen. Sie erstellen aus den eingesandten Gewebeproben in einem mehrschrittigen Laborprozess mit modernsten Maschinen die extrem dünnen Gewebeschnitte, die dann von den Ärzten untersucht und befundet werden. „Solche Schnitte zu machen, ist eine Kunst. Ich könnte das nicht“, lobt Rose. „Und das oft morgens um halb sieben, auch am Samstag, damit wir ab acht Uhr mit dem Mikroskopieren beginnen können, sodass möglichst noch am selben Tag ein Ergebnis erzielt wird und der Patient so schnell wie möglich Klarheit bekommt.“

Der Bedarf an solcher engagierter Labordienstleistung wächst weiter. „Die Vorsorgeuntersuchung auf Hautkrebs hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt. Und die Krankheit selbst ist leider auch weiterhin auf dem Vormarsch“, weiß Stefan Bartsch zu berichten. Man überlege daher, wie man die eigenen personellen Ressourcen weiter aufstocken könne. „Die Kontakte hier auf dem Campus helfen uns dabei“, erläutert Christian Rose. „Wir haben hier zum Beispiel eine hochqualifizierte MTA gefunden, die jetzt Molecular Life Sciences studiert und ihr Studium durch die Mitarbeit bei uns im Labor finanziert. Ein Glücksfall für alle Beteiligten!“

(rwe)

Info: http://www.dermatohistologie-luebeck.de

Die Zukunft der Darmkrebs-Diagnostik mit Biochips aus Lübeck

Darmkrebs ist eine Massenerkrankung. Jährlich werden weltweit über eine Million Neuerkrankungen registriert. Ein Forscherteam von der Lübecker Uni arbeitet daran, in absehbarer Zeit diesen Krebs leichter und früher zu diagnostizieren und damit die Heilungschancen deutlich zu verbessern.

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Prof. Habermann bereitet mit seiner Mitarbeiterin Katja Klempt-Gießing einen Biochip für das maschinelle Auslesen vor.

Jens Habermann leitet die Sektion für Translationale Chirurgische Onkologie und Biomaterialbanken an der Klinik für Chirurgie. Der 43-Jährige hat es sich zur Aufgabe gemacht, Diagnosemethoden zu entwickeln, mit denen im Blut von Patienten schon sehr kleine Mengen bestimmter Eiweiße gemessen und als Hinweisgeber für bestimmte Tumoren („Biomarker“) ausgewertet werden können. „Wir haben in jahrelanger Forschungsarbeit jetzt die ersten geeigneten Marker-Eiweiße für das häufige Darmkrebs-Karzinom gefunden“, erklärt der Professor, der vor 20 Jahren in Lübeck studiert hat und 2006 als international erfahrener Forscher hierher zurückkehrte. „Die gegenwärtig noch laufenden Testreihen an über 1000 Blutproben zeigen schon gute Ergebnisse, was Spezifizität, also Treffgenauigkeit, und Sensitivität, also Empfindlichkeit, der Marker angeht.“

Aber zum marktfähigen Produkt eines Biochips für den verbreiteten Laboreinsatz sei es noch ein weiter Weg, meint Habermann. „Wir brauchen sicher noch zehn Jahre für umfassende Studien und Tests, aber dann haben wir ein Biochip-Serienprodukt, das genauer misst als der heute verbreitete Blut-im-Stuhl-Test und wegen des kostenmäßig tragbaren Laboreinsatzes für Reihenuntersuchungen geeignet ist.“ Denn das ist die Vision des Forschers wenigstens für Deutschland: ein über die Krankenkassen finanziertes Darmkrebs-Screening mit der Eiweiß-Methode. Die für den Betroffenen relativ aufwendige Darmspiegelung bliebe dann nur noch für Fälle nötig, bei denen ein schon konkreter Verdacht bildgebend bestätigt oder widerlegt werden müsste – oder bereits detektierte gutartige Tumoren entfernt werden sollen. „Auch für die spezifische Detektion von solchen so genannten Polypen haben wir bereits spezielle Eiweiß-Marker gefunden“, so Habermann.

Ein aktuell wichtiges Projekt auf dem Weg zur Anwendung dieser Forschungsergebnisse in der Labor- und Patienten-Praxis ist eine von der Europäischen Union geförderte Kooperation des Lübecker Teams mit dem irischen Diagnostika-Hersteller Randox. Dabei geht es vor allem darum, weitere Marker-Eiweiße zu finden und dann auf einem Biochip zum Auslesen im Labor so unterzubringen, dass möglichst verschiedene Tumor-Varianten in einem Testdurchgang identifiziert werden können. „Prinzipiell haben wir bewiesen, dass unsere Methode mit den bereits patentierten Antikörpern funktioniert. Jetzt wollen wir uns gemeinsam auf den möglichen Routine-Einsatz im Labor zubewegen“, erläutert der Krebsforscher. Dazu soll der zu entwickelnde Biochip möglichst auch noch weitere Krebsarten detektieren können. Nach Habermann sind die Aussichten gerade auch für das bisher praktisch nicht rechtzeitig erkennbare Bauchspeicheldrüsen-Karzinom nicht schlecht. Auch hier sei ein Antikörper-Patent in Vorbereitung. „Am Ende stelle ich mir für die Patienten vor, dass diese Biochip-Laboruntersuchung im Rahmen eines Check-ups beim Hausarzt einfach mitgemacht wird und man das Ergebnis in wenigen Stunden hat“, blickt der Forscher in die Zukunft.

(rwe)

Info: http://www.chirurgischeforschung-luebeck.de/Forschung/forschung.html